Gitarrenbau mit der Hobbyline

  • So langsam mache ich meinen "Frieden" mit der Hobbyline.


    Da mich immer wieder Gitarrenbauer (hätte nie gedacht, dass es so viele werden!? Schön zu sehen!) und mögliche Käufer hinsichtlich des Themas Gitarrenbau mit CNC hier und auf Instagram ansprechen, zeige ich hier auch einige meiner Projekte und schildere meinen Eindruck dazu.



    Würde ich die HL dafür empfehlen:

    - Ja.
    Aber: wenn der Geldbeutel es hergibt kauft euch eine fertig aufgebaute Basicline (es sei denn, ihr habt schon Aufbauerfahrung im CNC Bereich, bekommt die Maschine gesponsort (hallo YT), oder 3-4 Monate "Zeit" bis es so richtig gut/rund läuft) - Auch die Führungen sind an der BL der HL überlegen. Alternativ gibt es mittlerweile die fertigen Kits mit der "einfachen" Steuerung - auch ok.


    Welche Größe brauche ich für Gitarrenbau:
    - kommt drauf an, wie tief ihr die CNC machen lasst. Ein Basshals beidseitig bearbeiten, wird nach der 10560 schreien. Vergleicht einfach die Aufspannmaße mit 10-15% Puffer fürs befestigen, Rohlinge sind auch meist größer, ihr werden auch Blut lecken, sobald ihr da ein wenig Erfahrung habt. Also meine Empfehlung 10560. (Oder die passende BL)


    Brauche ich die Alu Nutenplatte:
    - nein! Bei meiner ist als Grundplatte Multiplex und oben die MDF-Opferplatte mit Rampamuffen. Diese braucht ihr immer abgeplant, damit ihr keine Wiederholfehler, z. B. bei der beidseitigen Bearbeitung macht. Also gut und günstig MDF und immer wieder schön abplanen.


    Ist die HobbyLine genau genug:

    - Absolut! Ihr werdet mit der Hand selten genauer arbeiten können - vor allem wiederholgenau!
    Es gibt ein kleines "Aber" welches aus den obersten Punkt ersichtlich wird: ihr müsst die sauber und gut aufbauen. Habt ihr das nicht beachtet, dann haut es euch das Einzelstück geflammtes Ahorn, oder Ebenholz, oder.... in die Tonne (fragt woher ich das weiß? Und als gelernter Fernsehtechniker und davor mit MPCNC dachte ich mir noch - alles easy. Es ist easy, wenn es wirklich genau sein muss sind da kleine "musst du beachten Fallen")
    Als Beispiel: ich bearbeite den Gitarrenhals beidseitig, inkl. dem C/D Profil, welches ich haben will. Nach der Bearbeitung reicht es, wenn ich mit Hand und 120er Schleifpapier beischleife (und dann hoch bis 260). Die Nacharbeit ist minimal. Die Wiederholgenauigkeit ist super (wenn du keinen Bockmist machst, beim Aufspannen). Ich lese ebenso hier oft "ging easy, ich weiss nicht was du hast", sehe dann oft, dass deren Projekte oft nicht diese Art von Genauigkeit benötigen - ok, kann jeder für sich entscheiden.


    Nehme ich der Gitarre damit ihre Seele:

    - ja, liebe nicht-Gitarristen, das ist tatsächlich die häufigste aller Fragen die in Bezug auf CNC-Fertigung von Instrumenten aufkommt. Meine Gegenfrage ist, wie sich Schablonenfräsen denn von CNC "seelentechnisch" unterscheidet (gängige "handgemacht" Praxis)?! Glaubt mir, die fällt nicht fertig aus der CNC, ihr habt noch genug Arbeit damit. Leider hat sich dieses Voodoo im Gitarrenbereich manifestiert.


    Wieviel Dreck/Lärm macht die CNC:

    - sie macht jede Menge Lärm! Und der Staubsauger ebenso. Beim Gitarrenbau hat man aber selten dass sie stundenlang durchläuft, sondern einzelne Schritte abfährt, dann ist oft umspannen, Fräserwechsel, etc. dran. Persönlich bin ich kein Freund von Einhausungen, da sie a) Platz brauchen und b) die Zugänglichkeit einschränken. Das muss aber jeder selber entscheiden.

    - Dreck macht sie eben wie eine Oberfräse - nur konstant :). Die angebotene Absaugschuhlösung ist ok, solange man in der Höhe nicht allzu viel Delta hat. Fräst man hier aber den Body 45mm tief, oder gerade beim Hals aus dem Rohling einiges an Material raus, da drückt der Schuh dann schon deutlich gegen die Z-Führung und das kann zu Ungenauigkeiten führen (Abhilfe wäre die BL ;)).
    Die andere Hälfte des Fräsvorgangs ist der Schuh dann 2cm über dem Werkstück und macht dann unnötig Dreck.
    Ich habe mir geholfen und eine Z-unabhängige Absaugung angeschraubt/-gebaut/-getestet und 3D gedruckt. Funktioniert in meinem Fall super! (Hallo Sorotec, ich bin für Gespräche offen ;))
    Ansonsten hängt bei mir ein Kärcher WD3 über einen Zyklonabscheider dran. Tut. Sicher gehts schöner/leiser.
    Also bedenkt, dass ihr Lärm und Dreck macht. Jede Menge!


    Woher nimmt man sich die Pläne/Vorgaben:

    - Wie immer auch hier: gute Pläne sind entweder teuer, selten oder man macht sie selbst. Da kommt man kaum drumherum sich in... Fusion o.ä. einzufuchsen. Ist ein Prozess, finde ihn machbar. Je besser man da ist, umso mehr kann man mit der CNC auch machen. Klar reicht es für Viele erstmal die Außenkonturen abzufräsen. Will man z. b. eine LesPaul Decke fräsen, wird das komplexer.
    Einige P/L-technisch gute Pläne gibt es bei http://www.electricherald.com - achtet hierbei aber auf seine Bemaßung. Seine Halstaschen sind z.B. falsch bemaßt.
    Dann gibt es diverse Anbieter, die sich pro Modell bei ca 300Euro ansiedeln - es ist auch viel Arbeit das genau zu machen. Kann da keinen empfehlen, da ich es selber zeichne.
    Ansonsten gibt es auf YT viele Videos. Tlw auch Möglichkeit als Patreon an einige Vorlagen zu kommen.
    http://www.grabcad.com hat einige Modelle... mhja... das Meiste ist Schrott, fürs Anfangen aber hilfreich.


    Welche Leistung braucht meine Spindel/brauche ich die Drehzahlregelung:
    - Drehzahlregelung: nein, brauchst du nicht. In meinen Projekten stelle ich, wenn überhaupt, einmal die Geschwindigkeit beim Abplanen der Opferplatte runter. Ansonsten arbeitest du mit dem Werkstoff Holz. In unterschiedlicher Härte. Dies schon per SW vorher fest einzuplanen, da musst du genau konstante Lieferung und Trocknungszustand deiner Rohlinge haben. Am Ende regelst du den Vorschub beim Vorgang etwas runter, wenn du merkst, dass dieses Stück etwas trockener/härter ist. Wie oben geschrieben, das sind keine Stundenvorgänge, ich stehe sowieso immer daneben und du bekommst recht schnell ein Gefühl wann und wie du den Vorschub erhöhst, oder die Drehzahl regeln musst. Wenn du vorher ein Wenig Übung mit der Oberfräse hattest, hast du hier auch kein Problem mit glühenden Fräsern/Holz.

    - Leistung: die Frage ist ähnlich zu beantworten, wie im Auto. Welche ist DIR genug? Du kommst, gerade bei Holz, mit der "einfachen" AMB 800W super zurecht. Ein Tipp aus Gitarrenbauersicht: Nimm eine Spindel mit zumindest ER16 Spannzangen und die möglichst gut. Persönlich habe ich die AMB 1400, damit kann ich bis zu 10mm einspannen. Reicht!
    Nach untenhin ist eben die Rundlaufgenauigkeit wichtig! Denn, willst du die Bünde für das Griffbrett fräsen, brauchst du eine 0.5mm Nut... Und die in Ebenholz... wenn da der kleine Fräser eiert, bricht er auch gerne ab.

    Nach oben hin, kannst du dich auslassen, wie du lustig bist. Zum Thema Lautstärke: in dem Moment wo der Fräser im Werkstück ist, ist das das Lauteste. Dazu noch der Staubsauger... einfach nur zum bedenken.


    ...das sind so meine Gedanken als (Hobby-)Gitarrenbauer dazu.
    Der ein oder andere CNC-Pro wird eine andere Meinung/Lösung haben - bin für Verbesserungen immer offen.


    Ansonsten frohes Fräsen weiterhin. Schaut gerne meinen Weg bei Insta an. (komplett unsgesponsort und frei)


    https://www.instagram.com/heldenguitars/


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  • Toller Bericht, ist schon super, was die HBL kann, wenn ein "Könner" diese bedient. RESPECT!!!

  • Klasse wie umfassend du das beschreibst!!! Ich bin Hobbyline Einsteiger und tatsächlich hatte ich auch mal davon geträumt eine Gitarre für einen guten Freund zu bauen aber ich habe mich aus Stabilitätsgründen für die 6045 entschieden. Und du meinst damit geht der Bau einer Gitarre nicht?


    Danke für jeden Input!


    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Markus,


    natürlich geht das damit.

    Du musst halt schauen, wie du den Hals bearbeitest. Könnte sein, dass du die Kopfplatte seperat machen musst, geht aber. (mache ich auch bei Kopfplatten mit Winkel zwangsweise)

    Wenn du selbst keine Gitarre spielst, empfehle ich dir v.a. die Endfertigung mit einem Gitarristen immer wieder mal abzugleichen. Gerade der Hals ist eine Sache, die ich gerne noch in Handarbeit verfeinere, bzw. die CNC zu aufwendig/lang dauern würde. Auch einige komplexe Übergänge mache ich dann lieber per Hand, bin aber hier auch schon mittlerweile ziemlich weit per CNC.

    Ansonsten, einfach mal machen... außer schiefgehen, kann nichts passieren ;)

  • wow, sehr wertvolle Informationen" Vielen Dank!


    Bin auch gerade dabei mich dafür zu interessieren die Gitarre mit einer Portalfräse zu bauen. Seit ihr alle vom Fach oder habt ihr auch bei quasi Null angefangen, denn das ist bei mir z.B. der Fall Es ist bis auf die Idee keine Vorkenntnis zu Portalfräsen etc. vorhanden nur der Wille :-( :-)

  • wow, sehr wertvolle Informationen" Vielen Dank!


    Bin auch gerade dabei mich dafür zu interessieren die Gitarre mit einer Portalfräse zu bauen. Seit ihr alle vom Fach oder habt ihr auch bei quasi Null angefangen, denn das ist bei mir z.B. der Fall Es ist bis auf die Idee keine Vorkenntnis zu Portalfräsen etc. vorhanden nur der Wille :-( :-)

    Ich habe schon vorher Gitarren gebaut, ganz klassisch.

    Es ist gut, wenn man zumindest ein wenig Gitarre spielen kann. Umso leichter versteht man die Zusammenhänge und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Ich spiele allerdings auch seit 1999... ist aber nicht die Vorraussetzung.

    Im CNC-Bereich war ich Neuling, hatte allerdings schon CAD-Erfahrung, wenn auch verstaubt und aufgefrischt durch einen lokalen Kurs im Form zweier Nachmittage, also nichts weltbewegendes.


    Am Ende brauchst du auch nur den Willen und Geduld.

    Auch diese ganzen "Ratschläge" wie... "fange mit einer Telecaster an, die sind am einfachsten",

    oder mach dann viel im Nachhinein mit der Hand, oder ganz gerne von den "klassischen" Gitarrenbauern: lerne erstmal klassisch eine Gitarre zu bauen... ich halte mich da nicht dran/halte wenig von solchen starren Lernstrukturen.

    Lieber lerne ich am Wunschobjekt und sehe, wo ich Optimierungspotential habe.

    Mein Tipp: fange einfach an, hab keine Angst was kaputt zu machen, das wird eh passieren. Lerne draus, und mache es beim nächsten Mal besser.

    Es macht sehr viel Spaß - und darum gehts.

  • Hallo Zac The Shac,


    vielen Dank für die Information, das ist sehr freundlich


    die Portalfräse ist geordert, jetzt muss ich nur noch recherchieren wo ich die Pläne herbekomme auf den o.g. Seiten habe ich schon geschaut

  • Moin,

    Es gibt von Austin Shaner dazu gute Videos und aktuell auch ein komplettes Projekt das er auf Grabcad bereitstellt. Videos von ihm gibt es auf YT. Hangel mich mit der HL gerade durch die Thematik. Seit zwei Wochen immer wieder Optimierungen, Justierungen und Probefräsungen.

    Ich würde von ganzen unten anfangen und es nicht von anderen übernehmen. Außer dem oben erwähnten oder einigen guten Einzelfällen. Viele Alternativen haben diverse Fehler. Electric Herald bietet auch Fusion Pläne. Kann über die Qualität aber nichts sagen. Die lagen bei 50 Euro.

    Viele Grüße

    Cay

  • Austin macht super Fusion Entwicklung. Im Zerspannbereich ist er schon sehr aus dem Industriedesign, da merkt man dass er manche Sachen überbewertet, andere vergisst. Aber seine Fusion Sachen sind goldwert. Bin auch Patreon ;)

  • Respekt ;) genau dort will ich hin ;) Du machst tolle Sachen.

    Ich fertige in der Freizeit auch Gitarren an, ist ein tolles Hobby was ich jetzt seit ca. 2 Jahren betreibe.


    Vielleicht werde ich dir dann mal die eine oder andere Frage stellen, aber im Moment bin ich noch mit dem Zusammenbau mit der BL beschäftigt ;)


    Roland

  • Hi ihr Freudenfräser.


    Also eine Gitarre fräsen ist jetzt auch nix was unmöglich ist🤔

    Ein Stück unbezahlbares 18mm Multiplex- Reststück und eine Compactline machts möglich.🙈


    Gruß

    Matz

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